Wie die Salzgitter AG Treibhausgase künftig vermeiden will
Wie die Salzgitter AG Treibhausgase künftig vermeiden will
Wasserstoff statt Kohlenstoff mit SALCOS
Das integrierte Hüttenwerk der Salzgitter AG am gleichnamigen Standort wird bereits nahezu energieautark betrieben und verwertet Reststoffe und Koppelprodukte entweder innerhalb des Betriebs und auch in anderen Sektoren wieder. Verluste würden damit stetig minimiert – doch das noch längst nicht das Ende der Entwicklung. Zusammen mit externen Partnern wie diverser Fraunhofer-Institute will man die Grenzen der Naturwissenschaften austesten.
„SALCOS“ – das steht für „SAlzgitter Low CO2-Steelmaking“ und ist ein noch recht junges Projekt der Salzgitter AG, die Kohlenstoffdioxid-Ausstöße der eigenen Werke auf ein Minimum zu verringern. Jedes Jahr fallen im Hüttenwerk in Salzgitter rund acht Millionen Tonnen CO2 an, die unter den jetzigen technischen Bedingungen nicht zu vermeiden sind.
Daher wolle man „neue Wege erproben und innovative Verfahrenstechniken erforschen“, wie es auf der offiziellen Webseite des Projektes heißt. Zwar soll SALCOS vorerst nur in Salzgitter getestet, grundsätzlich jedoch auf jeden Standort mit sogenannter „integrierter“ Stahlherstellung ausgeweitet werden.
Während andere Unternehmen CO2 chemisch verarbeiten oder unterirdisch lagern, will die Salzgitter AG mit dem neuartigen Konzept die Produktion dessen größtenteils vermeiden. Beinahe ausschließlich wird in Europa Eisenerz mittels Kohlenstoffes in Form von Koks, Kohle und Kohlenwasserstoffen wie Öl und Erdgas reduziert. Dabei entsteht aber eben das Treibhausgas.
Das könnte in Zukunft doch noch teuer werden. „Die europäischen Stahlhersteller müssen mit rasant steigenden Kosten durch den Zukauf von Verschmutzungsrechten aus dem EU-Zertifikatehandel rechnen“, so Vorstandsvorsitzender Heinz Jörg Fuhrmann im „Deutschlandfunk“.
Stark vereinfacht wird in sogenannten Direktreduktionsanlagen, kurz „DRP“, der Kohlenstoff durch Wasserstoff ersetzt. Da der benötigte Wasserstoff hauptsächlich aus Erdgas gewonnen wird, werden solche Anlagen bisher nur in Ländern mit preiswerten Erdgasvorkommen eingesetzt. Diese sind zum Beispiel im Nahen Osten, den USA und Russland zu finden.
Die Rahmenbedingungen für SALCOS sind vielfältig. Da wären zum einen die politischen Bedingungen wie die Klimaziele der Europäischen Union oder der erwähnte Rechtehandel, die gesellschaftlichen Ansprüche oder die Bedürfnisse der Mitarbeiter und die Verantwortung für die Region. Natürlich muss SALCOS auch zu den eigenen „Nachhaltigkeitsvorstellungen und Wirtschaftlichkeitskriterien“ passen.
Vor allem aber die technische Realisierbarkeit und die Prüfung, wie die neuen Anlagen in das bestehende Hüttenwerk integriert werden kann, sind große Punkte. Zuletzt muss auch ein Fortbestehen im internationalen Wettbewerbsumfeld garantiert werden.
EU-Forschungsprojekt für regenerative Wasserstoffgewinnung
Es reicht allerdings nicht, nur den Kohlenstoff durch Wasserstoff im Direktreduktionsverfahren zu ersetzen. Die Wasserstoffproduktion muss auch auf Basis regenerativer Energien hergestellt werden. Seit März 2016 beteiligt sich die Salzgitter AG daher unter anderem zusammen mit der Sunfire GmbH an dem EU-Forschungsprojekt „GrInHy“. Das ist die Kurzform für „Green Industrial Hydrogen via reversible high-temperature electrolysis“. Salzgitter beansprucht den Titel für den derzeit „leistungsstärksten reversiblen Hochtemperaturelektrolyseur der Welt“.
„Die Technologie der Hochtemperaturelektrolyse ermöglicht den reversiblen Betrieb der Versuchsanlage. Während sie im Elektrolysebetrieb mit höchsten elektrischen Wirkungsgraden industriell erzeugten Dampf aus Abwärme in Wasserstoff wandelt, produziert sie im umgekehrten Fall, dem Brennstoffzellenbetrieb, Strom und Wärme aus Wasserstoff oder Erdgas“, erklärt der Konzern das Verfahren.
Schon jetzt könne der elektrolytisch erzeugte Wasserstoff bereits jetzt als Schutzgas bei den Glühprozessen zur Stahlproduktion genutzt werden. Wasserstoff wird dabei auf fossiler Basis verdrängt. Für die Zukunft wäre auch bei deutlich größeren Kapazitäten der Einsatz als Substitut für Kohlenstoff für die Direktreduktion von Eisenoxid denkbar.
Die Salzgitter AG ist ein börsennotierter deutscher Stahlkonzern mit Sitz in Salzgitter. 2016 erzielte die Salzgitter-Gruppe mit ihren mehr als 100 Unternehmen einen Umsatz von 7,9 Milliarden Euro. Der Konzern beschäftigt weltweit über 25.000 Mitarbeiter und ist in den Bereichen Flach- und Profilstahl der fünftgrößte europäische Hersteller.