Jahr für Jahr werden in Deutschland mehr als 800.000 Tonnen Elektroschrott in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt. Sei es weiße Ware, der alte Computer vom Dachboden oder das Smartphone, welches den Dienst verweigert: Alle Geräte enthalten Leiterplatten, die nicht nur aus Kupfer und Zinn, sondern auch aus Edelmetallen wie Silber, Gold und Platin bestehen. Die Zurückgewinnung von Metallen aus Schrott anstatt der Herstellung aus Primärrohstoffen spart nicht nur Geld, sondern belastet zudem die Umwelt weniger.
"Urbanes Gold" heiß begehrt
Auch Schrott ist zum Teil viel wert: Der Rohstoffpreis in einigen elektronischen Bauteilen ist nicht zu unterschätzen. Alte Computer-Prozessoren bestanden zu einem Großteil aus Gold, um eine bessere elektrische Leitfähigkeit zu bieten und vor Korrosion zu schützen. Dementsprechend hoch sind die Beträge, die Recycling-Unternehmen für nicht mehr gebrauchte Chips zahlen. Bis zu 120 Euro pro Kilo werden gezahlt. So ertragreich sind aber bei weitem nicht alle Produkte. Platinen aus neuerer Elektronik sind häufig nicht mehr vergoldet, neue und kleinere Prozessoren enthalten weniger Edelmetalle.
Trotzdem lohnt sich das Geschäft im großen Stil: In jedem nicht mehr gebrauchten Smartphone findet sich ca. ein halbes Gramm an Edelmetallen - völlig egal, ob High-End- oder Billighandy. In einer Tonne Smartphones sind bis zu 250 Gramm Gold enthalten. Würde das Gold aus Erz extrahiert werden, würde man für die gleiche Menge rund 60 Tonnen Erz verarbeiten müssen. Dazu kommen noch mehrere Kilo Kupfer, Kobalt, Silber sowie ein paar Gramm Palladium. Eine Tonne alter Handys lassen sich zu Materialien im Wert von 10.000 Euro recyceln.
Sammlung: Millionen Tonnen E-Müll pro Jahr
Ohne die Wiederverarbeitung von Elektromüll würden Unmengen an wertvollen Rohstoffen verloren gehen. Durch steigende Nachfrage und erschöpfte Minen würden Rohstoffpreise schon zeitnah um ein vielfaches steigen. Alleine beim Aluminium-Recycling lassen sich 90 Prozent des Energieverbrauchs im Vergleich zu neu gewonnenem Aluminium einsparen, zusätzlich lassen sich CO2-Emissionen um den Faktor 20 verringern. Kein Wunder, dass rund 50 Prozent des in Europa produzierten Aluminiums lediglich neu eingeschmolzen wurde.
Die alten Waschmaschinen, Rechner oder Handys werden von Kunden im Rahmen des Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) bei Elektronikfachgeschäften oder Wertstoffsammelstellen abgegeben. So kommen in Deutschland jährlich rund 800.000 Tonnen E-Schrott zusammen. Das ist allerdings bei weitem nicht genug: Die Europäische Union fordert eine Recycling-Quote von 65 Prozent. Berechnet wird die Quote anhand des Mittelwert der in den letzten drei Jahren verkauften Elektrogeräte. Deutschland erfüllte im Jahr 2015 nur rund 42,5 Prozent des gesetzten Ziels.
Prozentual gesehen entsteht der meiste Elektromüll in Form von Haushaltsgeräten, Platz zwei belegt Unterhaltungelektronik. Computer, Büromaschinen und Kommunikationstechnik stellen einen ähnlich großen Anteil. Industrieelektronik trägt nur zu ungefähr 20 Prozent der Altgeräte bei.
Der gesammelte Elektroschrott wird in einer mehrstufigen Recycling-Prozesskette verarbeitet. Ein Schmelzofen trennt die nicht mehr benötigten Leiterplatten aus Glasfaser und Plastik von Metallen, die einen höheren Schmelzpunkt besitzen. Der Metall-Cocktail besteht nun aus Aluminium, Kupfer, Gold, Zinn und vielen weiteren Materialien. Ein TBRC-Schmelzaggregat erhitzt die Schlacke weiter, um Verunreinigungen zu entfernen.
Anschließend werden die Metalle zu Pulver verarbeitet und in Laugenbecken chemisch voneinander getrennt: Kupfer und Nickel lassen sich durch eine Elektrolyse teilen. Silber, Gold, Platin und weitere Edelmetalle bleiben zurück und werden durch chemische Reaktionen mit Chlor oder Elektrolyse voneinander getrennt, um reine Metalle zu erhalten.
Umweltschutz: Recycling schont Ressourcen
Zwar wird bei der Trennung der Metalle vom Plastik und der anschließenden Aufbereitung nicht gerade wenig Energie benötigt. Dennoch ist der Prozess deutlich umweltschonender als die Produktion von neuen Metallen aus Erzen. Rund ein Drittel der jährlichen Goldproduktion stammt aus neu eingeschmolzenem Altgold. Die anderen zwei Drittel durchlaufen einen aufwändigen Prozess: Das Erz muss gefördert, transportiert und anschließend das Gestein vom puren Gold getrennt werden. Die Trennung erfolgt wahlweise chemisch auf Basis von giftigem Quecksilber oder Cyanidlauge. Alternativ wird das Erz mit Borax erhitzt, was ebenfalls große Energiemengen benötigt. Das Recycling bietet also eine vergleichsweise schonende Möglichkeit, an das benötigte Edelmetall zu gelangen.
Auch ein Verzicht auf ordnungsgemäßes Recycling birgt keine Vorteile: Nicht mehr benötigte Elektronik landet zu Teilen illegal in Afrika. Kontrollierte Prozesse weichen hier einem unkontrolliertem Abbrennen aller angelieferten Geräte - inklusive Plastikgehäuse und Kabel. Das Verbrennen vergiftet nicht nur die Luft, sondern auch den Boden. Von dem übrig gebliebenen Metall werden nur rund 60 Prozent richtig wiederverwertet.
Um ein "richtiges" Recycling führt also eigentlich kein Weg vorbei: "Aus den Augen, aus dem Sinn" ist zur heutigen Zeit schon lange keine Devise mehr, nach der gewirtschaftet werden sollte. Stattdessen ist eine gezielte Wiederaufbereitung finanziell praktikabel und wird vielerorts umweltschonend umgesetzt. Gezielte Elektroschrottrückführungen, die gesetzlich verankert sind, helfen bei dem Aufbau eines effizienten Kreislaufes für alle seltenen Materialien, um die Umwelt nicht weiter zu belasten.
Mehr: Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Das Umweltbundesamt informiert umfassend zum Elektronikgerätegesetz und die von der EU gestellte Quoten. Hier finden Sie weiterführende Inhalte zum Thema: