Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM), äußert einen klaren Standpunkt zur Koalitionseinigung in Sachen Strompreisreduzierung:
„Das Paket, auf das sich die Bundesregierung geeinigt hat, hilft allenfalls den wenigen besonders stromintensiven Konzernen. Für die 5.000 mittelständischen Unternehmen der stahl- und metallverarbeitenden Industrie ist es allerdings ein Schlag ins Gesicht.“
Die vom WSM steht für Unternehmen, die zwar keinen Stahl erzeugen, verarbeiten diesen aber zu Komponenten, die beispielsweise im Windkraftanlagenbau, in Elektromotoren oder im Gleisbau benötigt werden.
Vietmeyer weiter:
„Der Plan der Bundesregierung führt dazu, dass energieintensive Unternehmen, die Stahl und Metall verarbeiten und somit erst für die Energie- und die Mobilitätswende nutzbar machen, künftig nahezu doppelt so viel für ihren Strom bezahlen wie diejenigen, die den Stahl produzieren.“
WSM-Berechnung: Für Konzerne zufriedenstellend, für den Mittelstand eine Katastrophe
Die energieintensiven Konzerne können wegen geringerer Netzentgelte sowie der Verlängerung der bestehenden Reduzierungen von Abgaben, Umlagen und Steuern im kommenden Jahr durchaus einen Strompreis von etwa 8,3 Cent / kWh oder niedriger für sich abnehmen. Dieser Preis ergibt sich aus Berechnungen des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung
An der der Situation der mittelständischen Stahl- und Metallverarbeitung ändert sich infolge der geplanten Maßnahmen dagegen wenig. Der WSM geht davon aus, dass sich der Strompreis für seine Betriebe durch die Maßnahmen der Bundesregierung im besten Fall auf 16,3 Cent / kWh verringern lässt.
Der WSM-Hauptgeschäftsführer fügt hinzu:
„Gemessen an den aktuellen Marktpreisen zahlen mittelständische Betriebe künftig ziemlich genau doppelt so viel für ihren Strom wie energieintensive Konzerne. Unsere Unternehmen zahlen das 2,5-fache des Strompreises ihrer Wettbewerber in Frankreich, das 2,4-fache des Strompreises in China und das 3,3-fache des Strompreises in den USA.
Der Blick auf diese Zahlen zeigt, dass die geplanten Regelungen der Bundesregierung für energieintensive Konzerne zufriedenstellend sein mögen, für den Mittelstand sind sie eine Katastrophe. International werden wir absehbar weiter an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, was unweigerlich zur Abwanderung von Produktionskapazitäten und Arbeitsplätzen ins Ausland führen wird.“
Mittelständler verlieren zunehmend die Geduld mit der Arbeit der Bundesregierung
Während die Aktienkurse der energieintensiven Konzerne unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne der Bundesregierung deutlich anzogen, besteht im produzierenden Mittelstand eine Mischung aus Unverständnis und Entsetzen.
Vietmeyer sagt:
„Unternehmer und Arbeitnehmervertreter verlieren mit Blick auf die Politik in Berlin zunehmend die Geduld. Das merken wir nicht zuletzt durch die vielen Rückmeldungen, die wir auf unsere Kampagne ‚Wir. Formen. Fortschritt.‘ erhalten. Mit der Kampagne fordern wir die Bundesregierung dazu auf, die Probleme des energieintensiven Mittelstands endlich stärker zu berücksichtigen.“
Genau das geschehe aber seit langem nicht mehr: „Wir können absolut nicht nachvollziehen, warum FDP-Fraktionschef Christian Dürr die Strompreis-Einigung der Koalition als ‚großen Wurf‘ verkaufen will. Für den energieintensiven Mittelstand bedeutet diese Einigung, die unsere Belange beinahe vollständig außen vor lässt, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärker denn je gefährdet ist. Für Großunternehmen und Konzerne mag die Einigung ein ‚großer Wurf‘ sein, für unsere Unternehmen ist sie alles andere als das.“