Tata Steel Nederland betreibt Stahlforschung im Weltraum
Tata Steel Nederland betreibt Stahlforschung im Weltraum
ESA und Tata Steel erforschen im Weltall Stahl für die grüne Transformation. Im Bild der Astronaut Alexander Gerst auf der ISS 2014. Bild: ESA
Die Europäische Weltraumorganisation ESA und Tata Steel Nederland führen gemeinsam Experimente auf der Internationalen Raumstation ISS durch. Die Wissenschaftler wollen damit neue Erkenntnisse über die thermophysikalischen Eigenschaften von Stahl beim Gießen gewinnen und damit zu einer effizienteren Energienutzung, einer effektiveren Stahlproduktion und der grünen Energiewende beitragen.
Zurzeit wird in der ISS an Stahl geforscht. Dabei geht es um Stahl, der für Elektromotoren verwendet werden kann. Die Qualität dieses Stahls bestimmt zu einem großen Teil die Effizienz von Motoren, zum Beispiel in Elektroautos. Dies trägt direkt zur Energiewende bei. Diese Stahlsorten haben ein komplexes Gefüge, das zum Teil beim Gießen entsteht. Die aus diesem Versuch gewonnenen Erkenntnisse werden im Gießprozess genutzt, um Fehler zu vermeiden und einen besseren Stahl für diese Anwendung zu erhalten.
Zusammenarbeit zwischen ESA und Tata Steel Nederland
Der Stahl wird im Weltraum geschmolzen und dann in einem Hightech-überwachten Prozess abgekühlt und wieder verfestig. Bei dieser Koproduktion stellt Tata Steel Nederland (TSN) speziell vorbereitete Stahlproben und Wissen zur Verfügung. Die ESA ist für die Durchführung des wissenschaftlichen Experiments verantwortlich. Das aus den verschiedenen Studien resultierende Wissen ist für alle zugänglich. Der Werkstoffexperte Wim Sillekens von ESTEC/ESA erklärt: „Für die Wissenschaft hat die gesamte Werkstoffforschung im Rahmen des Programms 'Space for Science' bereits zu mehr als 1 600 Veröffentlichungen geführt, darunter eine Reihe wissenschaftlicher Artikel in Zusammenarbeit mit Tata Steel.“
Warum Stahlforschung im Weltraum?
Die argentinisch-niederländische Wissenschaftlerin Dr. Begona Santillana arbeitet in der Forschung und Entwicklung von Tata Steel und erforscht die Erstarrung von Stahl. Santillana ist die Initiatorin und Leiterin der Stahlforschung im Weltraum und erklärt deren Mehrwert: „Der ganze Stahl, der uns umgibt, war einmal flüssig. Und gerade bei diesem Prozess vom flüssigen zum erstarrten Stahl kann viel schief gehen. Die Erstarrung von flüssigem Stahl bei sehr hohen Temperaturen, etwa 1 500 Grad Celsius, wird von mechanischen, thermodynamischen und thermophysikalischen Eigenschaften beeinflusst. Im Labor untersuchen wir all diese Eigenschaften, aber die dafür verwendeten Stahlproben sind auch der Schwerkraft ausgesetzt. Im Weltraum haben wir dieses Problem nicht, was zu reineren Daten führt.“
Stahlpellets werden in Zyklen geschmolzen und verfestigt
Die von TSN vorbereiteten Stahlpellets von weniger als 10 Gramm werden auf der Erde zusammen mit anderen Proben in eine Art Karussell gelegt und mit einer Rakete zur ISS transportiert. Dort wird das Karussell in den doppelwandigen 'Electro-Magnetic Levitator' (EML) gestellt. Im EML werden die Stahlpellets dann in einer Reihe von Zyklen geschmolzen und verfestigt. Dies geschieht, während die Astronauten schlafen, um Messfehler aufgrund von Bewegungen zu vermeiden. Der Prozess wird überwacht, und die Daten gehen in Echtzeit an das Microgravity User Support Center, ein Unterstützungszentrum der ISS in Köln, unter anderem zur Datenerfassung. Nach der Rückkehr zur Erde gehen die Stahlproben für weitere Forschungen an Tata Steel Nederland und die University of Warwick im Vereinigten Königreich.
Energieeinsparung und Nachhaltigkeit durch Stahlforschung im Weltraum
Für die Anwendung von Stahl ist es entscheidend, Fehler im Prozess zu vermeiden, und die genaue Kenntnis der Erstarrungstemperatur und anderer thermo-physikalischer Eigenschaften ist wichtig. Santillana: „Mit den Erkenntnissen aus dieser wissenschaftlichen Forschung können wir die Produktion von Stahl effizienter gestalten. Außerdem können wir dank der gewonnenen Erkenntnisse verschiedene Stahlsorten mit weniger Prozessproblemen herstellen. Indirekt führt dies zu Energieeinsparungen und einem besseren Produkt.“ ESA-Wissenschaftler Wim Sillekens fügt hinzu: „In unserer Zusammenarbeit mit Tata Steel Nederland haben wir viel Wissen über Stahleigenschaften mit einer Genauigkeit erworben, die auf keine andere Weise gemessen werden kann. Viele der im EML untersuchten Werkstoffe haben einen Bezug zur Nachhaltigkeit; neben Stahl sind dies beispielsweise hartmagnetische Werkstoffe und Halbleitermaterialien für Anwendungen in Windturbinen und Solarzellen. Diese Werkstoffe sind für den umweltfreundlichen Übergang von entscheidenderBedeutung, und selbst kleine Leistungsverbesserungen sind auf globaler Ebene von sehr großem Wert.“ Quelle: Tata Steel