Österreichs Voestalpine sieht die Direktreduktion von Eisenerz und die Herstellung von grünen Wasserstoff an Standorten mit günstiger Energie - außerhalb von Mitteleuropa, nicht bei seinen Werken vor Ort.
Die Umstellung der Stahlproduktion auf klimaneutralen grünen Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger in Deutschland wie in Österreich. Stahlhersteller wie Salzgitter, ThyssenKrupp und Saarstahl haben hierzulande Milliardensubventionen erhalten, um die Direktreduktion an ihren Standorten umzusetzen.
Anders als sein deutscher Wettbewerb setzt Österreichs Stahlprimus Voestalpine keine allzu große Hoffnung auf die Direktreduktion von Eisenerz mit grünem Wasserstoff in seinen Werken vor Ort.
„Wir haben Wasserstoff überprüft aber keinen Business Case gefunden, keine Wirtschaftlichkeit errechnen können“, sagte Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der Voestalpine AG auf der Handelsblatt Jahrestagung Zukunft Stahl 2025 in Essen. Bei Voestalpine gehe man daher davon aus, dass Wasserstoff, und in Kombination mit Eisenerz auch HBI (Hot Briquetted Iron, zu Briketts gepresster poröser Eisenschwamm) in Zukunft dort produziert werden wird, wo Energie günstiger ist als in Mitteleuropa. „Und ich glaube, dass wir diese Rohstoffe dann genauso einkaufen werden wie heute Pellets“, so Eibensteiner.
Dekarbonisierung nach Stufenplan
Um die Risiken beim Umbau der laufenden Anlagen und durch veränderte Umweltbedingungen in den kommenden Jahren zu minimieren, verläuft die Dekarbonisierungsstrategie bei Voestalpine nach einem Stufenplan. Wasserstoff spielt dabei eine wichtige Rolle, doch solange die Verfügbarkeit von Wasserstoff limitiert ist, steht als Übergangstechnologie auch bei den Österreichern Erdgas auf der Agenda. Von den fünf Hochöfen, die das Unternehmen betreibt, soll ab 2027 an den beiden Standorten Linz und Donawitz jeweils ein Hochofen durch einen Elektro-Lichtbogenöfen abgelöst werden, wodurch bis 2029 eine CO2- Reduktion um 30% gegenüber dem Referenzjahr 2019 erreicht werde. Ab 2030 sollen nach Plan zwei weitere Hochöfen an den beiden Standorten durch Elektro-Lichtbogenofen-Technologie abgelöst werden um dann eine Reduktion der CO2-Emissionen von 50% zu erreichen. Die darauf folgenden Schritte ab 2035 sind noch nicht so klar festgelegt, wie Eibensteiner auf der Stahltagung ausführte.
Neben HBI und der Elektrostahlroute stehen für den letzten Schritt zu Netto Null bis 2050 zwei weitere Verfahren der Forschungstrategie Greentec-Steel im Fokus. Zum einen das Projekt Sustainable Steel zur Stahlerzeugung mit Wasserstoffplasma. Im Labormaßstab funktioniert das Verfahren bereits, doch von der Industriereife ist das Forschungsprojekt noch sehr weit entfernt.
Direktreduktion von Feinerzen mit Wasserstoff
Das andere Projekt nennt sich Hy4Smelt und hat die Direktreduktion von Feinerzen mit Wasserstoff zum Ziel. Während heutige Direktreduktionsverfahren auf sehr hochwertiges, somit nur eingeschränkt verfügbares und teures Eisenerz angewiesen sind, arbeitet Hy4smelt mit kostengünstigen Rohstoffen und könnte somit eine echte auch wirtschaftliche Breakthrough-Technologie darstellen. Projektpartner sind Primetals, eine Forschungsgesellschaft und seit kurzem auch ein Minenbetreiber. Die bisherigen Forschungsergebnisse waren laut Eibensteiner vielversprechend. Der Bau einer Demonstrationsanlage zur Feinerzreduktion auf Wasserstoffbasis in Verbindung mit einem Einschmelzer (Smelter) ist bereits beschlossen, mit dem Bau der Anlage soll noch in diesem Geschäftsjahr begonnen werden, wie Eibensteiner verkündete. Doch welche Technologie auch das Rennen auf der „letzten Meile“ machen wird, der Voestalpine-Chef will sich keinen Illusionen hingeben. „Der letzte Schritt, um bis 2050 Net-Zero zu erreichen, wird der schwierigste sein.“