11.11.2015
Zerspanungsmechaniker? Schon die Berufsbezeichnung hört sich so an, als wäre der Job eher etwas für Männer. Mit schweren Werkzeugen Metall bearbeiten oder so was. Doch falsch gedacht. Erstmalig haben im VW-Werk Kassel in Baunatal mehr junge Frauen als Männer eine Ausbildung in diesem Berufsfeld begonnen. Neun angehende Zerspanungsmechanikerinnen stehen im neuen Jahrgang sieben Zerspanungsmechanikern gegenüber. Denn: Die Azubis lernen vor allem den Umgang und die Programmierung von Hightech-Maschinen. Zunehmend gilt bei VW auch in den handwerklichen Lehrberufen das Motto: „Auto-Bauer sucht Frau“.
Demnach seien 28 % aller Azubis in der gewerblich-technischen Ausbildung Frauen, sagt die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ulrike Jakob. „Ziel sind die 30 %.“ Im Jahr 2013 lag die Quote noch bei 24 %. Bianca Bake aus Söhrewald ist ein Paradebeispiel für das Erobern von Männer-Bastionen im Baunataler Werk. Die angehende Mechatronikerin hat die Gießerei als Ausbildungsstation gewählt. Erstmalig seit Bestehen dieses Fertigungsbereiches arbeite somit eine Frau mit, berichtet Unterabteilungsleiter Dirk Ritter. Immerhin gibt es die Gießerei am Standort seit 1960. Hier wird mit flüssigem, 650 Grad heißem Aluminium und Magnesium gearbeitet. Körperliche Arbeit gehöre bis heute mit dazu, berichten Ritter, Ausbildungsbeauftragter Günter Müller sowie Hartmut Schäfer von der Volkswagen Akademie, die bei VW die Ausbildung organisiert. Bianca Bake macht das alles nichts aus. „Ich muss mich woanders umziehen, das ist das Einzige“, sagt die 23-Jährige nüchtern. „Alle sind sehr freundlich. Alles ist gut.“
Geholfen habe ihr, dass sie zwei männliche Auszubildende in der Gießerei bereits gekannt habe. Dass sich die jungen Frauen in von Männern beherrschten Abteilungen schon mal durch Männersprüche belästigt fühlen, schließt Ulrike Jakob aus. „Das kommt in der Ausbildung nicht vor“, sagt sie. Wenn überhaupt bestehe eine Gefahr im Anschluss an die Lehre, „im Alltag, wenn keine Ausbilder und andere Ansprechpartner mehr um die Frauen herum sind“. Ein Problem sei das aber bei VW nicht. Auch Christina Happich, Melike Bürsa Bal und Julia Spielbrink berichten viel Positives von ihrer Ausbildung. Alle drei sind angehende Zerspanungsmechanikerinnen. Man merke nicht, dass Frauen in diesen Berufsfeldern relativ neu dabei sind, sagt Happich, die bereits im vierten Lehrjahr ist. „Wir sind alle gut aufgenommen worden. Es herrscht ein ganz normaler Umgang.“ Die 19-Jährige aus Besse spricht von gutem Teamgeist und sogar von Freundschaften, die sich während der Ausbildung ergeben haben. Diese Aspekte sind Hartmut Schäfer besonders wichtig. VW wolle nach außen tragen, dass Ausbildung richtig Spaß machen kann, sagt er. Außerdem sei es doch gerade für die jungen Frauen ein Anreiz, hier mit Hightech-Maschinen zu arbeiten. Christina Happich sieht das genauso. Die 19-Jährige spannt den Bogen dann zurück zur ehemaligen Männerwelt VW-Werk. Der Umgang mit den computergesteuerten Maschinen sei für sie eine besondere Erfahrung gewesen, sagt sie. „Ich habe gesehen, dass das den Frauen genauso gut gelingt wie den Männern – oder besser.“
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